Bei der Extrusion von Rohren, Kabeln, Profilen und vielen anderen Halbzeugen werden Tauchkühltanks oder Sprühkühltanks eingesetzt, in die das heiße Extrudat eingeführt wird und dort mit gekühltem Wasser abgekühlt wird. Als Technologien kommen sowohl der Tauchkühltank vor – bei dem das Extrudat in einem Wasserbad vollständig untergetaucht wird, als auch der Sprühkühltank – bei dem das Extrudat mit feinst vernebeltem Wasser besprüht wird. Als dritte Variante werden nicht selten (oft selbstgebaute) Tanks eingesetzt, in denen das Kühlwasser mit mehreren manuell positionierten Gelenkschläuchen an die gewünschte Stelle geführt wird.
Diese Kühlbäder oder Sprühkühltanks werden in der Praxis oft fest aneinandergeschraubt oder mit Rohren verbunden (sozusagen kurze Tauchtanks), um bei Dimensionswechseln Dichtungen (insbesondere am Vakuumtank) nicht wechseln zu müssen, Leckagen am Tank zu vermeiden oder um zu versuchen die Kühlleistung zu steigern. Dabei werden die zwischen den Tanks existierenden Luftstrecken entweder mit diesen kurzen Tauchbadstrecken ersetzt, oder es werden die Kühltanks aneinandergeschoben und miteinander verschraubt, wodurch die Luftstrecke am Ende der Linie meist länger wird.
Wir betrachten zunächst einmal den erstgenannten Fall, dass die Luftstrecken durch zusätzliche Tauchtanks sozusagen substituiert werden.
Die Wasserkühlung senkt die Temperatur des Extrudates zunächst an der Außenwand eines Produkts. Die Innenseite des Produktes ist jedoch oft sehr lange noch auf einem sehr hohen Temperaturniveau. Je nach Wanddicke entstehen somit oft sehr große Temperaturunterschiede zwischen der Oberflächentemperatur an der Außenseite und der Temperatur im Inneren des Produkts. Weil sich diese Temperaturunterschiede innerhalb einer Luftstrecke etwas angleichen können, bezeichnet man Luftstrecken häufig auch als Inline-Temperstrecken. Wer sie vermeidet, unterbindet auch den Temperaturausgleich und nimmt Einfluss auf den Wärmetransport von Innen nach Außen.
Am folgenden Beispiel wird einmal der Einfluss der Luftstrecke auf die Abkühlsituation gezeigt. Die Berechnung wurde durchgeführt mit chillWARE(R) im Modul PipeSIM. Die als Beispiel gewählte Produktdimension beträgt 80×10 (SDR 8) und es wird ein Rohr aus einem PE HD Material mit einer Produktionsgeschwindigkeit von 1,54m/min (200kg/h) extrudiert. Der Kühlstreckenaufbau besteht aus einem Vakuum-Kühltank mit einer Länge von 6m sowie zwei weiteren Kühltanks mit ebenfalls jeweils 6m Länge.
Im unten dargestellten Simulationsergebnis kann die Abkühlsituation für das Produkt mit Einsatz von Luftstrecken analysiert werden. Die Abszisse zeigt die Temperatur des Produktes in Schichten. Die grüne Linie ist die Außenwandtemperatur des Extrudates, die rote Linie die Innenwandtemperatur.
Werden für diese Situation nun die Kühltanks mit einem Rohr verbunden, anstelle einer Luftstrecke einzusetzen, verändert sich die Abkühlsituation zu dem unten gezeigten Verlauf.
Auch wenn die Abkühlung auf den ersten Blick nun sehr gleichmäßig erscheint, wird der Unterschied der beiden Prozesse sehr schnell deutlich, wenn die sich im Produkt ausbildenden Eigenspannungen betrachtet werden, siehe unten. Der blaue Bereich markiert die Eigenspannungen, die sich im Produkt aufbauen, wenn die Luftstrecken innerhalb der Kühlstrecke entfernt werden. Der rote Bereich markiert die Eigenspannungen beim Einsatz von Luftstrecken. Es ist eindeutig ersichtlich, dass die Eigenspannungen durch den Einsatz von Luftstrecken (Temperzonen) signifikant reduziert werden können, in diesem Beispiel von 214N/cm auf 83N/cm, was einer Reduktion von etwa 61% entspricht.
Auswirkungen auf die Produktqualität
Der Einsatz von Luftstrecken hat somit in den meisten Fällen eine deutliche Auswirkung auf die Produktqualität, insbesondere die Ausbildung von Eigenspannungen im Produkt. Sind sie zu hoch, können Deformationen (Ovalität, Rohrendeneinfall), schlechte mechanische Eigenschaften oder hohe Schwindungswerte auftreten.
Aus unserer Erfahrung ist der gezielte Einsatz von Luftstrecken daher ein sehr sinnvolles Mittel, um hohe Produktqualität zu erreichen. Natürlich kann es auch sinnvoll sein, die Kühlwassertemperaturen an unterschiedliche Produkte oder Materialien anzupassen. Dies kann heutzutage mit entsprechender Simulationssoftware aber perfekt ermittelt werden.
Auswirkungen auf die Produktionsgeschwindigkeit
Natürlich ist es das Ziel eines jeden Extrusionsbetriebes mit maximaler Produktionsgeschwindigkeit zu produzieren. Der Gedanke: „Je mehr aktive Kühlung auf das Extrudat einwirkt, um so schneller ist es kalt.“ ist auch in den meisten Fällen richtig. Wird jedoch einmal die Situation betrachtet, dass die Luftstrecken nicht durch zusätzliche Tauchbadkühlung ersetzt wird, sondern dass lediglich die Kühltanks aneinandergeschraubt werden ergibt sich das folgende Abkühldiagramm:
Die aktive Kühlung erfolgt in diesem Beispiel auf 18m Länge (3 x 6m Kühltank), genauso wie bei der Situation mit Luftstrecken. Die Innenwandtemperatur/Außenwandtemperatur des Produktes beträgt am Ende der Extrusionslinie nun aber 53,3°C/47,7°C wohingegen bei der Situation mit Luftstrecken eine Temperatur von 48,1°C/43,°C erreicht werden konnte. Die Kühlleistung hat sich somit durch ein Aneinanderschrauben der Tanks sogar verringert!
(Zum Vergleich: Wenn die Luftstrecken durch Tauchbäder ersetzt werden, wird die aktive Kühlung um 2m verlängert, wodurch dann Temperaturen von 44,2°C/40°C erreicht werden können.)
Der Einsatz von Luftstrecken kann somit bei gleichbleibender aktiver Kühlstreckenlänge sogar einen positiven Einfluss auf die maximal erreichbare Produktionsgeschwindigkeit haben.
Detailanalyse mit chillWARE:
Der folgende Vergleich zeigt die Temperaturverteilung des Rohres im Bereich des Abzuges bei 22m Kühlstreckenlänge.
Beim Einsatz von Luftstrecken hat nach 22m Kühlstreckenlänge 56,7% des Rohrquerschnittes eine definierte Zieltemperatur von 50°C unterschritten.
Werden die Luftstrecken durch aktive Kühlelemente (Tauchbäder) ersetzt, hat nach 22m Kühlstreckenlänge 100% des Rohrquerschnittes eine definierte Zieltemperatur von 50°C unterschritten.
Werden die Kühltanks aneinandergeschraubt hat nach 22m Kühlstreckenlänge gerade einmal 10% des Rohrquerschnittes eine definierte Zieltemperatur von 50°C unterschritten.
Fazit: Praktische Vorteile, die die Produktqualität und die Produktivität beeinträchtigen können
Das Aneinanderschrauben von Kühltanks kann zwar den Aufwand für Dichtungen senken. Diese Vorteile werden aber mit Nachteilen für die Produktqualität und teilweise auch mit einer geringeren Produktivität erkauft.
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