Das Verarbeitungsverhalten und die erreichbaren Produkteigenschaften von Kunststoffen verändern sich in Abhängigkeit des Restfeuchtegehaltes des polymeren Rohstoffes teilweise enorm. Meistens führt ein zu hoher Restfeuchtegehalt zu Problemen, teilweise treten aber auch Qualitätsprobleme oder Verarbeitungsprobleme durch eine zu geringe Restfeuchtigkeit auf. Folglich ist es wichtig, die möglichen Eigenschaftsveränderungen des Materials in Abhängigkeit des Restfeuchtegehaltes zu kennen, so dass diese gezielt beeinflusst werden können.
Kernfeuchte oder Oberflächenfeuchte?
Kunststoffe weisen unterschiedliches Verhalten gegenüber Feuchtigkeit auf und werden daher in die zwei Gruppen hygroskopische Kunststoffe und nicht-hygroskopische Kunststoffe unterteilt. Hygroskopische Kunststoffe nehmen Wasser im Inneren des Materials, also auch im Inneren eines Granulatkornes auf. Die Wassermoleküle lagern sich bei diesen Kunststoffen in der makromolekularen Struktur des Polymers ab oder gehen sogar eine chemische Verbindung mit den Makromolekülen ein.
Nicht-hygroskopische Kunststoffe hingegen können auch Feuchtigkeit aufnehmen, bei diesen lagert sich die Feuchtigkeit jedoch nur an der Oberfläche des Materials ab. Sofern in einem nicht-hygroskopischen Kunststoff aber Bestandteile von hygroskopischen Materialien vorhanden sind (Additive, Füllstoffe, etc.) kann sich die Feuchtigkeit auch in das Innere des nicht-hygroskopischen Materials einlagern.
Feuchtigkeit in Kunststoffen kann zu unterschiedlichen Problemen führen, die sich sowohl im Verarbeitungsprozess als auch in der späteren Produktqualität zeigen können. Beispiele für derartige Fehler sind:
- geringere Viskosität des Kunststoffes, geringere Schmelzefestigkeit
- Fehler im Extrudat, z.B. Dampfbläschen
- verschlechterte Oberflächenqualität, z.B. Schlieren
- verschlechterte mechanische Eigenschaften
- verringertes Molekulargewicht durch hydrolytischen Abbau
- etc.
Es ist naheliegend, dass derartige Probleme ungewollt sind und nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Zur Vermeidung der Probleme die durch Feuchtigkeit hervorgerufen werden, werden hygroskopische Kunststoffe vor ihrer Verarbeitung in der Regel getrocknet. Im Trocknungsprozess wird dem Kunststoff Feuchtigkeit entzogen. Dabei wird das Material zum Beispiel in einem Behälter (z.B. Trockelufttrockner) mit einem Volumenstrom warmer, getrockneter Luft durchströmt, so dass dem Kunststoff Feuchtigkeit entzogen werden kann und die Restfeuchte im Material sinkt. Die Feuchtigkeit des Kunststoffes wird von der warmen getrockneten Luft aufgenommen und aus dem Material fort transportiert. Im anschließenden Trocknungsprozess gibt die warme Luft die Feuchtigkeit wieder ab (z.B. Adsorption) und kann erneut dem Granulat zugeführt werden. Es existieren aber auch andere Trocknungsmethoden wie z.B. das Warmlufttrocknen, Drucklufttrocknen, Vakuumtrocknen oder auch das Mikrowellentrocknen.
Entscheidend bei jedem Trocknungsprozess ist, dass der gewünschte Restfeuchtegehalt des Kunststoffes zum Einen überhaupt erreicht werden kann, zum Anderen aber auch, dass er möglichst exakt und konstant erreicht werden kann. Gerade die Herstellung eines sehr konstanten Restfeuchtegehaltes stellt sich in der Praxis oft als sehr schwierig heraus, dabei sind diese die häufigsten Ursache für Schwankungen:
- die Ausgangsfeuchte des Materials ist unbekannt (z.B. weil diese nicht gemessen wird)
- die Prozesse sind logistisch nicht sauber aufeinander abgestimmt, getrocknetes Material wird stundenlang gelagert, bevor es in die Verarbeitung geht, so dass es wieder Feuchtigkeit aufnehmen kann
- die Trocknungsparameter sind einheitlich und konstant, es findet keine Anpassung an die realen Bedingungen statt (z.B. es wird immer für 6 Stunden mit 80°C getrocknet, unabhängig davon wie hoch die Restfeuchte des Ausgangsmaterials ist.
Der Parametrierung von Trocknern kommt somit eine entscheidende Aufgabe zu, die oft vernachlässigt wird. Die Auswahl optimaler Trocknungsparameter kann aber einen großen Einfluss auf die Produktqualität haben. Im folgenden werden einige wesentliche Parameter erwähnt:
- Trocknungstemperatur
- Zu hohe Temperaturen (über Glasübergangstemperatur) können Materialschädigung verursachen oder das Material gar Anschmelzen (Engelshaar, Brückenbildung).
- Zu hohe Temperaturen führen zu sehr schneller Trocknung (Diffusionsgeschwindigkeit), das Material kann übertrocknet werden und bei der Verarbeitung Probleme aufweisen (z.B. hohe Viskosität)
- Trockenluftmenge
- Eine zu gering eingestellte Luftmenge (Volumenstrom) kann die Trocknungsleistung negativ beeinflussen, da die Luft um so weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann, je stärker sie mit Feuchtigkeit beladen ist.
- Eine sehr hoch eingestellte Luftmenge (Volumenstrom) kann die Trocknung beschleunigen, wird aufgrund des steigenden Gegendruckes aber ab einem gewissen Punkt unwirtschaftlich
- Taupunkttemperatur
- Die Taupunkttemperatur ist ein Maß für den Restfeuchtegehalt in der getrockneten Luft. Es ist nicht unbedingt richtig, davon auszugehen dass je niedriger die Taupunkttemperatur, die Trocknung um so schneller abläuft, da hierfür auch die Diffusionsgeschwindigkeit von Bedeutung ist.
- Sehr niedrige Taupunkte benötigen sehr hohe Energieinputs zum Trocknen der Luft und sind daher oft unwirtschaftlich.
- Trockenzeit
- Die Trockenzeit ist eine der wichtigsten Einstellgrößen für Trockner. Diese ist materialspezifischund hängt von der Diffusionsgeschwindigkeit des Materials ab.
- Bei zu kurz gewählten Trocknungszeiten kann die gewünschte Restfeuchtigkeit nicht erreicht werden.
- Bei zu lang gewählten Trocknungszeiten kann es zu unnötigen Energieverbrauch oder sogar zu Materialschädigung durch Übertrocknung kommen.
Die unterschiedlichen Trocknungsvarianten werden in einem späteren Beitrag vorgestellt und miteinander verglichen.
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