Druckluftleckagen gehören zu den größten versteckten Kostentreibern in Produktionsunternehmen. Aus diesem Grund wird in vielen Betrieben in regelmäßigen Abständen eine Druckluft-Leckageortung durchgeführt. Derartige Aktionen sind jedoch aufwändig und oft bei den zuständigen Mitarbeitern sehr unbeliebt, da eine zuverlässige Leckageortung meist nur bei stillstehender Produktion (Geräuschpegel) möglich ist. Eine Automatisierung der Druckluft-Leckageortung kann hier Abhilfe schaffen.
Jeder der sich schon einmal mit der Thematik Druckluftleckagen auseinandergesetzt hat, kennt die Beispielrechnungen wie teuer eine Leckage von X mm hochgerechnet auf ein Jahr sein wird. Gleichzeitig kennt aber auch jeder, der schon einmal eine Leckageortung durchgeführt hat die Schwierigkeiten und Probleme die dabei auftreten können und ist sich über den notwendigen Zeitbedarf (und möglichen Zeitraum – oft am Wochenende) für diese Maßnahme im Klaren. Die Durchführung von Druckluft-Leckageortungen gilt deshalb als sehr unbeliebte Aufgabe.
Bei einer Druckluft-Leckageortung wird das gesamte Druckluftsystem, also sowohl die Erzeuger als auch das Leitungsnetz sowie sämtliche Verbraucher auf Leckagen hin untersucht. Dies geschieht entweder mit Hilfe des eigenen Ohres oder alternativ mit Hilfe von spezieller Ultraschall Messtechnik. Ohne Ultraschall-Messtechnik ist es bei einer Leckageortung sehr ratsam, einen Zeitpunkt zu wählen in dem der Geräuschpegel in der Produktion sehr gering ist. Sind die Umgebungsgeräausche gering genug, lassen sich größere Leckagen anhand ihres charakteristischen Zischens oder Pfeiffens aufspüren. Aus diesem Grund werden dazu häufig die Produktions-Randzeiten (vor Beginn der Produktion oder nach Ende der Produktion) sowie produktionsfreie Wochenenden genutzt. Dies macht die Durchführung der Ortungsaufgabe natürlich für den betroffenen Mitarbeiter noch etwas unattraktiver und führt nicht selten dazu, dass gemäß dem Motto „nix gefunden –> früh Feierabend“ oft ein recht positives Ergebnis (wenige Leckagen) erreicht wird. Exakt diese Ausgangssituation hat in einem uns bekannten realen Fall dazu geführt, dass in einem Produktionsbetrieb die Meinung verankert war ein nahezu perfekt gewartetes Druckluftsystem zu betreiben, obgleich reale Messungen das Gegenteil offengelegt haben…
Leckagekennzeichnung immer doppelt
Wird eine Leckage entdeckt sollte diese natürlich sofort auch markiert werden, so dass ein späteres Auffinden leicht möglich wird. Die Markierung sollte dabei möglichst in mindestens doppelter Form vorgenommen werden. Als nützlich hat sich dabei eine farbliche Markierung direkt an der Stelle selbst herausgestellt, wo die Leckage entdeckt wurde (z.B. mit Klebestreifen).
Sinnvoll ist auch der Einsatz von unterschiedlichen Farben wobei die Farbe etwas über den Schweregrad der Undichtigkeit aussagt:
- grün: kleine Leckage
- gelb: mittelschwere Leckage (z.B. mit bloßem Ohr hörbar)
- rot: schwere Leckage (z.B. spürbarer Luftzug)
- Blau: Leckage nicht genau entdeckt, aber vermutet
Zusätzlich hat es sich als nützlich erwiesen – für jede entdeckte Leckage – eine zweite Markierung an einer zentralen Stelle der Extrusionslinie (z.B. an der Extrudersteuerung) anzubringen. So muss die Instandhaltung nicht erst die gesamte Linie ablaufen um eine Markierung zu finden, sondern kann direkt an der Extrudersteuerung ablesen, dass sich an dieser Linie X Leckagen befinden und sieht auch sofort wie der Schweregrad der Leckagen ist.
Als weitere Maßnahme ist die Markierung jeder Leckage in einem Hallenplan sehr empfehlenswert. Durch ein einfaches Kreuz an der jeweiligen Stelle wird das spätere Suchen nach „Markierungen“ so stark erleichtert.
Anhand der vorbeschriebenen Methodik ist klar ersichtlich, dass Druckluftleckageortung ein zeitaufwändiger Prozess sein kann. Insbesondere dann, wenn Druckluftnetze in einem relativ guten Zustand sind, wird das Auffinden von Leckagen um so schwieriger, gleichzeitig aber auch das Potenzial der Einsparungen kleiner. Gerade dann sollte versucht werden eine effiziente Methode zur Systemüberwachung zu ermöglichen.
3 einfache Möglichkeiten zur Erfassung von Druckluftleckagen
Es können verschiedene Methoden eingesetzt werden, mit denen die Menge der Druckluftleckagen schnell und kostengünstig manuell ermittelt werden können.Diese Methoden eignen sich beispielsweise um den richtigen Zeitpunkt für die oben beschriebene Leckageortung auszuwählen. In diesem Fall wird kein fester Turnus für eine Leckageortung einberaumt, sondern es wird eine (z.B.) wöchentliche Ermittlung der Leckagemenge durch eine der unten genannten Methoden durchgeführt. Wird dabei ein definierter Grenzwert überschritten, kann eine Leckageortung geplant werden.
- Druckabfallmessung
- Lastganganalyse (Energiemonitoring)
- Volumenstrommessung
Eine sehr einfache Methode ist die Methode der Druckabfallmessung. Während alle Druckluftverbraucher in der Produktion außer Betrieb sind, wird der Druckluftspeicher auf den oberen Abschaltdruck gebracht (z.B. 8,5 bar). Nun kann der Kompressor abgeschaltet werden, so dass der Speicher nicht erneut aufgeladen wird. Nach einer definierten Zeit (z.B. 15min) wird erneut der Druck am Manometer des Druckspeichers abgelesen.
Aus diesen Werten wird der Druckabfall pro Zeiteinheit berechnet und unter Berücksichtigung der Netzvolumens (Speicher + Leitungsnetz) die Leckagemenge pro Zeiteinheit ermittelt. Aus diesem Wert kann dann sogar, bei einer bekannten spez. Kompressorleistung ein Wert für die jährlichen Kosten der Leckage ermittelt werden.
Die Voraussetzungen zur Durchführung dieser Methode sind fast überall vorhanden, da hier nur eine Uhr sowie ein Manometer benötigt werden.
(Ein Excel-Tool zur Durchführung dieser Berechnung finden Sie kostenlos in unserem Downloadbereich)
Bei der Lastganganalyse werden Energieverbrauchszähler genutzt, die ohnehin in sehr vielen Fällen schon vorhanden sind. Dabei wird der Energieverbrauch gemessen, der während einer Stillstandphase der Produktion (also nur die Leckagen sind „fleißig“) anfällt. Der Kompressor darf dazu natürlich nicht abgeschaltet werden, da andernfalls keine Nachspeisung erfolgen würde.
Bei dieser Methode wird so vorgegangen, dass nach Beendigung der Produktion der Kompresor nicht abgeschaltet wird. Gleichzeitig wird der Energieverbrauch des Kompressors an dem Verbrauchszähler (Wirkarbeitszähler) abgelesen und mit einer dazugehörigen Uhrzeit notiert. Nach einem repräsentativen Zeitraum wird erneut der Energieverbrauch sowie die Uhrzeit notiert. Wichtig ist dabei, dass der Zeitraum so lang gewählt wird, dass stufenweise arbeitende Kompressoren mehrmals Ein- und Abgeschaltet haben.
(Ein Excel-Tool zur Durchführung dieser Berechnung finden Sie kostenlos in unserem Downloadbereich)
Die Voraussetzungen zur Durchführung dieser Methode sind ebenfalls fast überall vorhanden, da lediglich eine Uhr sowie ein Energieverbrauchszähler notwendig sind.
Eine weitere Methode ist die Messung des Volumenstromes. Hierfür wird jedoch zusätzliche Messtechnik (Volumenstrommessung) benötigt. Bei dieser Methode wird in den abgehenden Volumenstrom des Druckluftkompressors ein Volumenstromzähler integriert, der die Durchflussmenge pro Zeiteinheit ermittelt und oft bereits selbstständig einen Durchschnittswert berechnen kann. Wird dieser Wert mit einer elektrischen Lastganganalyse kombiniert, kann somit auch für unterschiedliche Kompressorbetriebspunkte ein spezifischer Kompressorkennwert (kWh/Nm³) gebildet werden.
Automatisierung der Leckageortung
Oben genannte Methoden lassen sich selbstverständlich heutzutage auch automatisiert durchführen. Zur Automatisierung werden die von den Sensoren erfassten Kennwerte (Druck, Volumenstrom, elektrischer Lastgang, Zeiten, etc.) in einem zentralen Auswertesystem zusammengeführt. Dort werden die formelmäßigen Zusammenhänge und Algorithmen hinterlegt und ein automatisches Reporting konfiguriert (sofern kein vorgefertigter Block für die automatisierte Leckageanalyse vorhanden ist).
Zur Steuerung, Regelung und Auswertung kann dabei quasi jedes erdenkliche frei programmierbare SPS System eingesetzt werden.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich konkret auf die Umsetzung mit einer plusMETER/plusWARE Lösung aus dem Hause SHS plus GmbH sind aber analog auch auf Systeme wie etwa Beckhoff, B&R, Siemens, IBA, Wago, etc. übertragbar.
Bei der automatisierten Druckluftleckagebewertung fungiert eine zentrale Einheit als Steuerungs-, Auswerte- sowie Reporting-System.
Wie in der Schemagrafik dargestellt, wird die zentrale Steuerungseinheit (hier eine plusMETER Zentraleinheit) verbunden
- mit einem Luft-Volumenstromsensor,
- einer elektrischen Leistungsmessung am Druckluftkompressor,
- einer Druckmessung im Druckluftspeicher,
- einer Möglichkeit zum Zugriff auf eine Datenspeicherung (z.B. SQL) im Netzwerk oder einer Cloud,
- einem Internetzugriff zum E-Mail Versand
sowie ggf. zusätzlich mit Aktorik zur
- automatischen Aktivierung bzw. Deaktivierung des Kompressors und
- Servoventilen zum Öffnen und Schließen von einzelnen Druckluftbereichen.
Die zentrale Steuerungseinheit wird zur automatisierten Druckluftleckageortung so programmiert, dass in einem voreingestellten Turnus (z.B. immer am Wochenende) die Leckageauswertung automatisiert durchgeführt wird. Bevor die Sequenz gestartet wird ermittelt das System aber automatisch, ob tatsächlich ein Produktionsstillstand vorliegt (z.B. über den Luftmassenstromsensor) oder ob evtl. ausnahmsweise eine Wochenendproduktion stattfindet.
Sofern sichergestellt ist, dass der Produktionsbetrieb durch die Analyse nicht gefährdet wird, startet das System die Analyse. Dazu werden die oben vorgestellten Messmethoden automatisch durchgeführt. Zusätzlich greifen Aktoren auf verschiedene Servoventile zu und sperren so verschiedene Produktions- und Lagerbereiche nacheinander ab. Diese Methode hilft dabei, die Leckagen einzelnen örtlichen Bereichen zuzuordnen und verringert den Aufwand bei der Suche nach tatsächlichen Leckageorten.
Nach Abschluss der Analyse kann das System ein automatisches Reporting erstellen, welches sogleich an die Instandhaltung oder den Energiemanagementbeauftragten versendet werden kann, so dass eine kurzfristige Beiseitigung der Leckagen durchgeführt werden kann.
Aufgrund der Automatisierung ist es quasi aufwandsfrei möglich, die Analyse zu sehr häufigen Zeitpunkten durchführen zu lassen (z.B. jede Nacht bei 1-Schicht Betrieb), so dass neu entstandene Leckagen sehr zeitnah erfasst und aufgrund der Zuordnung in einzelne Produktionsbereiche auch sehr schnell lokalisiert werden können.
In unserem Downloadbereich finden Sie zu diesem Thema ein praktisches Excel-Tool zur manuellen Auswertung Ihrer Druckluftleckagen sowie weitere Informationen zum Thema.
Beispielhafte Auswertegrafiken für eine automatisierte Leckageanalyse: