Wie Sie den Energieverbrauch Ihres Extruderantriebes halbieren können!

Bei der Extrusion wird Kunststoffgranulat durch Umwandlung mechanischer Energie in Friktion plastifiziert, so dass eine Umformung des Schmelzestromes in die Produktform ermöglicht wird. Die dafür notwendige mechanische Energie (Drehmoment und Rotation der Schnecke) wird mit Hilfe von Elektromotoren, also aus elektrischer Energie erzeugt. Die zusätzliche Heizungen tragen oft nur einen kleinen Teil in der Gesamtenergiebilanz dazu bei.

Bei neuen Extrusionsanlagen kommen heutzutage in aller Regel Asynchron- bzw. Synchronmotoren, seltener auch Torque-Antriebe zum Einsatz. Dabei werden Antriebe aus der Kategorie IE2 oder höher eingesetzt. Die Kategorie IE2 (gehobener Wirkungsgrad) entspricht dabei etwa der alten Klassifizierung (EFF2). Kategorisierungen wie IE1, IE2 oder IE3 unterscheiden Antriebe in Abhängigkeit ihres maximalen Wirkungsgrades. Je höher der maximale Wirkungsgrad eines Antriebes ist, desto höher ist die Nummer der erreichten Kategorie.

Den maximalen Wirkungsgrad erreichen elektrische Antriebe meist nahe Ihrem Nennbetriebspunkt, wobei der Nennbetriebspunkt sich definiert durch Nenndrehzahl und 100% Drehmomentauslastung. Die Wirkungsgrade im Nennbetriebspunkt liegen dann in der Regel deutlich oberhalb von 90%, also insgesamt in einem sehr verlustarmen Bereich.

Antriebswirkungsgrade kleiner 40% heute noch möglich?

Wichtig ist jedoch, dass der Wirkungsgrad eines elektrischen Antriebes nicht über alle Betriebspunkte konstant ist, sondern dass dieser bei veränderten Betriebsbedingungen auch unterschiedlich sein kann. Wirkungsgradkennfelder zeigen die Abhängigkeit des Wirkungsgrades im Vergleich zur Belastung des Antriebes. Solchen (in der Regel dreidimensionalen Diagrammen (Wirkungsgrad, Drehzahl, Drehmoment)) können die Wirkungsgrade in unterschiedlichen Betriebspunkten entnommen werden. Höchst interessant ist dabei, dass bei einer sehr geringen Auslastung des Antriebes, die Wirkungsgrade teilweise Werte kleiner 40% annehmen können. Leider werden derartige Wirkungsgraddiagramme oder Motorenkennfelder von den Antriebsherstellern nur in seltenen Fällen publiziert, so dass diese Werte nur durch reale Messungen überprüft werden können. Nebenstehende Abbildung zeigt abstrahiert und schematisch unterschiedliche Auswirkungen des Betriebspunktes auf den Wirkungsgrad. Tendenziell gelten Synchronantriebe (AC) als Antriebe mit geringerem Einfluss des Betriebspunktes auf den Wirkungsgrad (Verhalten ähnlich der blaue Kurve) wohingegen Gleichstromantriebe (DC) tendenziell eher höhere Abhängigkeiten aufweisen (Verhalten ähnlich der roten Kurve). Letztendlich existieren hierzu jedoch zu viele Einflussfaktoren, so dass eine Pauschalisierung nicht so ohne weiteres möglich ist und nur reale Messungen verlässliche Informationen geben können.

Extruder ohne Überdimensionierung selten

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der sich auf die Dimensionierung des Antriebes, also die installierte Antriebsleistung an einem Extruder bezieht. Die menschliche Vorgehensweise bei der Auswahl einer neuen Antriebseinheit ist dabei oft etwa so:

Bei einer Neubeschaffung eines Extruders wird zunächst einmal die Frage gestellt, welchen Durchsatz der Extruder denn realisieren soll. Dabei werden bereits häufig Werte definiert, die mit der Realität der Produktionssituation nur wenig gemein haben.

Typisches Beispiel:

Die aktuell realisierbare Produktionsgeschwindigkeit erlaubt maximale Durchsätze von ca. 150kg/h.

Bei einer Neubeschaffung ist aber wichtig, dass der Extruder nicht so schnell an seine Grenzen stößt („Wer weiß schon welche Auslastung sich im nächsten Jahr ergeben wird“). Daher wird der Extruderbauer angefragt für eine Extruderdimensionierung für einen Durchsatz von 175kg/h.

Der Hersteller von Extrudern kennt sich mit der Dimensionierung von Antrieben aus, verfügt aber über ein standardisiertes Programm. Ein Blick in die Auslegungstabelle verrät dem Vertriebler, dass Serie A bis zu einem Durchsatz von 160kg/h angegeben wird, Serie B aber einen maximalen Durchsatz von 210kg/h realisieren kann. Folglich wird die Konfiguration aus Serie B gewählt.

Bei der Definition der Serie B durch die Ingenieure und Techniker des Extruderbauers wurde festgelegt, dass der Extruder in der Lage sein soll mit einem hochviskoses Material einen Durchsatz von 210kg/h zu realisieren. Den Berechnungen nach, wird dafür eine Leistung von ca. 40kW benötigt. Standardmäßig wird durch die Ingenieure ein Sicherheitsfaktor von 1,2 multipliziert, so dass seitens des Extruderbauers beim Hersteller der Elektromotoren eine Antriebsleistung von 48kW angefragt wird.

Auch der Hersteller der Elektromotoren verfügt jedoch über standardisierte Baugrößen und bietet nun, zur Vermeidung einer Unterdimensionierung einen Antrieb mit der Nennleistung von 55kW an.

Das angebotene System verfügt somit über einen Extruderantrieb mit einer Nennleistung des Elektromotors von 55kW.

Gehen wir nun noch einmal an den Anfang zurück und schauen uns die Wunschvorstellung des Kunststoffverarbeiters noch einmal an. Dort ist die Rede von maximal realisierbaren Durchsätzen von 150kg/h. Hinterfragen wir diese Anforderungen noch einmal kritisch kommt diese Situation ans Licht: „Ehrlich gesagt wird aber nur ein Produkt auf dieser Linie mit diesen hohen Durchsätzen produziert, zum Großteil der Zeit produzieren wir dort zwischen 90kg/h und 120kg/h.

Überdimensionierung von Antrieben sehr häufig

Es wird somit ein System erworben, welches in der Lage ist Durchsätze von mehr als 230kg/h zu realisieren, wobei unter realistischen Annahmen Durchsätze von weniger als 120kg/h umgesetzt und in den meisten Fällen sogar mit weniger als 100kg/h produziert wird. Das Verhältnis zwischen installierter Leistung und realem Bedarf liegt somit bei einem Überdimensionierungs-Faktor von ~ 2,3.

Auch wenn dieses Beispiel bereits übertrieben klingt, existieren in der Realität sehr viele Fälle die noch sehr viel schlechtere Verhältnisse aufweisen als das oben genannte. (Das maximale durch SHS ermittelte Ergebnis lag bei einem Überdimensionierungs-Faktor von 10,5.)

Wird diese verfahrenstechnische Situation mit den oben dargestellten Informationen zur „Betriebspunktabhängigkeit des Wirkungsgrades elektrischer Antriebe“ kombiniert, wird schnell deutlich, dass starke Überdimensionierung von Antrieben erhebliche Auswirkungen auf die Effizienz des Gesamtsystems haben kann. Bei einer Auslastung des Antriebes im Bereich kleiner 20% sind erhebliche Verringerungen des Wirkungsgrades, teilweise bis auf Werte deutlich unterhalb von 40% möglich (immer auch abhängig von der Antriebstechnologie, DC, AC, etc.).

Betriebskosten halbieren

In einem solchen Fall wäre somit durch den Austausch des Antriebes durch einen deutlich kleiner dimensionierten Elektromotor eine Anhebung des Wirkungsgrades um Dekaden, beispielsweise auf Werte oberhalb von 90% möglich. Die Kosten zum Betrieb des Antriebes würden sich somit halbieren! Amortisationszeiten für derartige Maßnahmen bewegen sich oft im Bereich weniger Monate.

 

Weitere Informationen zu diesem Thema sowie ein Excel-Tool zur Berechnung der Auslastung von elektrischen Antrieben finden Sie in unserem kostenlosen Downloadbereich, für den Sie sich hier freischalten lassen können.

 

 

 

 

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